Interview mit Prof. Dr. med. Bogdan Draganski

6. Mai 2025

«Wir erkennen die Alzheimer-Krankheit heute deutlich früher»

Bogdan Draganski, Sie haben im Juni 2024 die Professur für Demenzen und Neurodegenerative Erkrankungen übernommen. Was sind Ihre Schwerpunkte in Forschung und Klinik?

Als ich die Professur im Juni 2024 annahm, wusste ich, dass ich die Lücke zwischen Früherkennung und sinnvoller Prävention schliessen will. Meine Forschung und klinische Arbeit konzentriert sich darauf, das Demenzrisiko früher als je zuvor zu erkennen – und Wege zu finden, den Menschen zu helfen, ihre Hirngesundheit so lange wie möglich zu erhalten.

Was bietet die Memory Clinic für zuweisende Ärzt:innen? Wie können Hausärzt:innen und andere Fachärzt:innen das Angebot für ihre Patient:innen nutzen?

Die Memory Clinic ist als vertrauensvolle Partnerin da. Bei Sorgen um das Gedächtnis oder die Denkfähigkeit von Patient:innen bieten wir eine detaillierte Diagnostik und helfen dabei, einen klaren, individuellen Weg zu finden – sei es zur Behandlung, zur Vorbeugung oder zur Beruhigung.

Die Alzheimer-Forschung hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht. Wie bewerten Sie die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Diagnostik und Therapie?

Die klinisch-neurowissenschaftliche Forschung hat in den letzten Jahren aussergewöhnliche Erfolge verzeichnet. Wir erkennen die Alzheimer-Krankheit heute deutlich früher. So besteht die Chance, mit Behandlungen den Verlauf der Krankheit positiv zu beeinflussen. Neue Diagnosen und Therapien verändern unsere gesamte Herangehensweise an die Gesundheit des Gehirns.

Welche neuen diagnostischen Verfahren stehen für die Früherkennung zur Verfügung?

Wir haben jetzt Bluttests, bildgebende Verfahren und digitale Hilfsmittel, die sogenannte Biomarker, mit denen wir Anzeichen von der Alzheimer-Erkrankung erkennen können. Dies noch bevor fortgeschrittene Symptome auftreten. Es ist, als würde man nicht mehr auf einen Sturm warten, sondern die ersten Wolken erkennen – und den Menschen Zeit geben, sich darauf vorzubereiten.

Gibt es noch Hindernisse bei der breiten Anwendung dieser neuen diagnostischen Methoden?

Die grössten Hindernisse sind praktischer Natur: Zugang, Kosten und Aufbau von Vertrauen in die Anwendung dieser neuen Instrumente. Ich bin jedoch überzeugt, dass die Früherkennung eines Tages so selbstverständlich sein wird wie die Blutdruckmessung – vorausgesetzt, immer mehr Primärversorgungsakteure machen mit.

Welche Patient:innen kommen für die neuen monoklonalen Antikörper gegen Alzheimer infrage? Gibt es klare Kriterien für die Anwendung?

Die neuen Antikörpertherapien sind ein entscheidender Fortschritt – aber sie sind nicht für alle geeignet. Sie eignen sich für Patient:innen im frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Unsere Aufgabe ist es, die richtigen Kandidat:innen zu finden und sicherzustellen, dass sie die sicherste und wirksamste Behandlung erhalten.

Ab wann und bei welchen Symptomen empfehlen Sie eine Überweisung zur spezialisierten Abklärung in die Memory Clinic?

Wenn Ärzt:innen anhaltende Gedächtnisprobleme feststellen, die nicht dem typischen Altersverlauf entsprechen – oder wenn Patient:innen oder Familienangehörige ihre Sorgen äussern. Eine rechtzeitige Überweisung eröffnet deutlich bessere diagnostische und therapeutische Möglichkeiten.

Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen der Memory Clinic und zuweisenden Ärzt:innen aus? Welche Informationen sind für eine zielführende Überweisung wichtig?

Wir sehen uns als Erweiterung der primären ärztlichen Versorgung. Ein paar Zeilen über die Symptome, den Zeitpunkt und die relevante Vorgeschichte entweder via InselLink oder via “Zuweisungsformular (Link folgt)” geben uns bereits eine gute Ausgangsbasis. Wir halten die Zuweisenden während des gesamten Untersuchungsprozesses auf dem Laufenden.